Depression vor der Periode
Ursachen, Symptome & Wege zurück zur emotionalen Balance
Wenn das innere Gleichgewicht Monat für Monat kippt
Jeden Monat der gleiche Kampf: In der einen Woche bist du voller Energie, fokussiert und offen – und dann, plötzlich, fühlt sich alles schwer an. Gedanken kreisen negativ, der Körper zieht sich zusammen, Beziehungen leiden. Was ist da los?
Wenn du regelmäßig vor deiner Periode depressive Verstimmungen, Antriebslosigkeit, Reizbarkeit oder sogar tiefe Verzweiflung erlebst, könnte das mehr sein als bloßes „PMS“. Immer mehr Frauen erkennen sich in der Diagnose wieder: PMDS – die Prämenstruelle Dysphorische Störung.
Dieser Artikel will dir zeigen: Du bildest dir nichts ein. Du bist nicht allein. Und es gibt konkrete Wege, dich wieder selbst zu spüren – stabil, handlungsfähig und mitfühlend mit dir selbst.
PMDS verstehen: Mehr als nur Stimmungsschwankungen
PMDS ist die „psychische Schwester“ des bekannten Prämenstruellen Syndroms (PMS) – aber mit weitaus tiefgreifenderen Auswirkungen.
Die wichtigsten Symptome im Überblick
- Depressive Gedanken, oft begleitet von Hoffnungslosigkeit
- Plötzliche Stimmungseinbrüche oder Reizbarkeit
- Angstzustände, Nervosität oder Schlaflosigkeit
- Überforderungsgefühle, Selbstzweifel, Schuldgefühle
- Sozialer Rückzug, Selbsthass oder Wutanfälle
Diese Beschwerden treten meist in der zweiten Zyklushälfte (Lutealphase) auf und verschwinden oft schlagartig mit dem Einsetzen der Blutung. Genau das macht PMDS so besonders – und oft so schwer greifbar.
Warum es so oft falsch eingeordnet wird
Viele Betroffene hören Sätze wie:
- „Ach, das sind die Hormone.“
- „Das hat jede Frau mal.“
- „Reiß dich zusammen, das geht vorbei.“
Doch diese Aussagen verkennen die Tiefe der seelischen Belastung. PMDS ist keine Einbildung – sie ist eine ernstzunehmende hormonell bedingte Störung.
Was passiert im Körper? Der hormonelle Hintergrund
Zyklusphasen & das empfindliche Gleichgewicht
In der Lutealphase – den Tagen nach dem Eisprung bis zur Periode – verändert sich der Hormonhaushalt drastisch:
Hormon | Typische Wirkung |
Progesteron | Beruhigend, schlaffördernd – aber bei Abfall: Unruhe |
Östrogen | Stimmungsaufhellend, serotoninfördernd |
Allopregnanolon | angstlösend – sein Rückgang verstärkt Ängste |
Die Rolle von Serotonin, Progesteron & Co.
Frauen mit PMDS reagieren überempfindlich auf diese natürlichen Schwankungen. Besonders betroffen ist das serotonerge System – also jene Nervenbahnen, die für Stimmung, Schlaf und Stressregulation zuständig sind. Fällt der Östrogenspiegel, sinkt auch der Serotoninspiegel – was depressive Symptome verstärken kann.
PMDS oder Depression? So erkennst du den Unterschied
Es fühlt sich oft gleich an – ist aber medizinisch klar unterscheidbar:
Merkmal | PMDS | Klinische Depression |
Zeitliche Begrenzung | Nur vor der Periode | Über Wochen oder Monate hinweg |
Beginn & Ende | Plötzlich, endet mit Menstruation | Allmählich, nicht zyklusabhängig |
Auslöser | Hormonelle Schwankungen | Genetisch, psychosozial, multifaktoriell |
Behandlungsschwerpunkt | Zyklusregulation, SSRI, Beratung | Psychotherapie, Antidepressiva |
Wie du deine Symptome besser einordnest: Das Zyklus-Tagebuch
Bevor du dich auf Ursachen- und Lösungssuche begibst: Beobachte dich selbst. Ein Zyklus-Tagebuch ist ein einfaches, aber mächtiges Werkzeug.
So geht’s:
- Täglich eintragen: Stimmung, Energie, Schlaf, körperliche Beschwerden
- Farbige Marker für besonders schlechte Tage
- Nach 2–3 Monaten erkennst du ein Muster
- Dieses Tagebuch kannst du mit deiner Gynäkologin oder einer psychologischen Fachperson besprechen
👉 Papier vor App!
Ein handschriftlich geführtes Symptomtagebuch erleichtert Ärzt:innen oft die Auswertung erheblich – und wird für die Diagnosestellung bei PMDS sogar empfohlen. Viele Fachpersonen bevorzugen die klare Übersicht auf Papier, besonders wenn gezielt nach Zyklusmustern gesucht wird.
Ganzheitliche Hilfe: Was dir wirklich helfen kann
1. Ernährung & Nährstoffe gezielt einsetzen
Manche Nährstoffe wirken stimmungsstabilisierend – ganz ohne Nebenwirkungen:
Nährstoff | Wirkung & Quellen |
Magnesium | entspannend (z. B. Mandeln, Hafer, Spinat) |
Vitamin B6 | stimmungsregulierend (z. B. Bananen, Linsen) |
Omega-3-Fettsäuren | entzündungshemmend, serotoninfördernd (z. B. Lachs, Chiasamen) |
Zucker, Koffein und Alkohol können dagegen das emotionale Auf und Ab verstärken – hier lohnt sich Reduktion.
2. Bewegung, Schlaf & Stressabbau im Alltag
Klingt banal – wirkt aber oft Wunder:
- Bewegung: 20–30 Minuten täglich reichen aus (z. B. Walken, Yoga)
- Schlafrituale: feste Zubettgehzeit, Bildschirmpause, Magnesiumbad
- Stressreduktion: Atemübungen, Meditation, bewusste Pausen
Je konstanter deine Tagesstruktur, desto stabiler dein Nervensystem.
3. Hormonelle Optionen – was möglich ist
Manche Frauen profitieren von hormoneller Unterstützung – andere nicht. Wichtig ist die individuelle ärztliche Begleitung.
Mögliche Optionen:
- Kombinierte Antibabypille (einphasig)
- Hormonspirale (z. B. Levonorgestrel)
- Ovulationshemmer oder Progesteroncremes
Achtung: Nicht jede Methode ist für jede Frau geeignet.
4. Medikamente bei starkem Leidensdruck
Antidpepressiva/SSRI (z. B. Fluoxetin, Sertralin) sind bewährte Mittel – besonders bei starker emotionaler Instabilität. Manche Frauen nehmen sie nur in der Lutealphase („intermittierende Einnahme“), andere dauerhaft.
Sprich mit einer Fachärztin für Psychiatrie oder Gynäkologie – sie kennt die richtige Dosis und Einnahmeform.
5. Psychologische Begleitung – emotional gestärkt durch den Zyklus
PMDS ist nicht nur hormonell. Es betrifft auch:
- dein Selbstbild
- deine Beziehungen
- deine Lebensgestaltung
Hier setzt psychologische Begleitung an:
- Verhaltenstherapie: Umgang mit negativen Gedanken & Verhaltensmustern
- Schematherapie: tiefer liegende emotionale Muster erkennen & verändern
- Idiolektisches Gespräch: stärkt Ressourcen und Selbstwirksamkeit
Therapeut:innen, Psycholog:innen oder spezialisierte psychologische Berater:innen können dich begleiten – verständnisvoll und kompetent.
PMDS im Alltag: Wenn Arbeit, Beziehungen & Selbstbild leiden
Umgang mit Partnerschaft, Familie & Freund:innen
PMDS kann Beziehungen belasten – vor allem, wenn dein Umfeld nicht versteht, was in dir vorgeht.
Hilfreich ist:
- Ehrliche Kommunikation („Ich bin nicht wütend auf dich – ich bin gerade überfordert.“)
- Gemeinsames Lesen von Infos oder Artikeln
- Vereinbarungen für „kritische Tage“: Rückzugszeit, weniger Reize, mehr Verständnis
Herausforderungen im Beruf & Leistungsdruck
Konzentrationsprobleme, Reizbarkeit oder totale Erschöpfung – PMDS kann deine Arbeit erheblich beeinflussen.
Tipps für den Umgang:
- Wenn möglich: Termine & Deadlines außerhalb der Lutealphase legen
- Homeoffice-Tage oder flexible Arbeitszeiten nutzen
- Pausen bewusst einplanen, ggf. mit Kolleg:innen offen sprechen
Das emotionale Selbstbild während der Lutealphase
Viele Frauen berichten: „Ich erkenne mich selbst nicht mehr.“
Wenn du dich in dieser Phase abwertest, schämst oder verurteilst – erinnere dich: Diese Gedanken sind hormonell verstärkt. Sie sind nicht deine Wahrheit.
Mein Weg: Wie ich gelernt habe, mich selbst zu verstehen
Ich suchte lange nach einem Begriff für das, was ich fühlte – bis ich auf PMDS stieß. Das war der Anfang meiner Heilung. Ich begann, Tagebuch zu führen, suchte mir ärztliche Begleitung, probierte Medikamente aus – und fand zurück zu mir selbst.
Nicht alles war einfach. Aber alles war besser, als mich machtlos zu fühlen.
Heute bin ich stabiler. Nicht perfekt. Aber in mir ruhender. Und ich weiß: Es gibt Wege zurück in die eigene Kraft.
Du bist nicht allein – und du bist nicht falsch
Wenn du dich wiedererkennst, dann bitte: Nimm dich ernst. Hol dir Hilfe. Du bist nicht überempfindlich – du bist feinfühlig. Und du hast ein Recht auf Stabilität und Lebensfreude.
👉 Starte mit einem Zyklus-Tagebuch.
👉 Such dir eine psychologische Begleitung.
👉 Sprich mit deiner Gynäkologin über die hormonellen Optionen.
Denn du bist nicht deine Symptome.
Du bist eine starke, kluge, tief fühlende Frau.
Und du darfst dich selbst wiederfinden – in Ruhe. In Balance. In Stärke.